8/22/2006

Überalterung Japans (4): Regierung und Wirtschaft wollen ausländische Studenten in Japan halten

Wer sich in Japan aufhält und die Medien aufmerksam beobachtet, wird feststellen, daß in nahezu jeder Nachrichtensendung im TV oder einer beliebigen Ausgabe einer Tagesezeitung das Problem der unglaublich schnell fortschreitenden Überalterung der Gesellschaft angesprochen wird.

Themen sind etwa die Auswirkungen auf das menschliche Zusammenleben, das Schrumpfen der Binnennachfrage, der Rückgang der Zahl "arbeitsfähiger" Menschen, die Auswirkungen auf das Gesundheits- und Rentensystem usw. usw.


Neuer Plan gegen Arbeitskräftemangel
Das Ministry of Economy, Trade and Industry (bekannt als METI, Keizaisangyoushou: 経済産業省) und das Ministry of Education, Culture, Sports, Science and Technology (Monbukagakushou: 文部科学省) wollen nun etwas gegen den sich bereits jetzt abzeichnenden Mangel an qualifizierten Arbeitskräften in Japan tun.


Es ist normalerweise so, daß viele Studenten nach Beendigung ihres Studiums Japan verlassen. Üblicherweise geht es zurück ins Heimatland, vielfach wird die Karriere aber auch in den USA fortgesetzt. Mir (ich bin ja selber Gaijin-Student hier) ist keine Maßnahme aus der Politik bekannt, mit der ich in Japan gehalten werden sollte.


Zumindest für Studenten aus Asien (die eine überwältigende Mehrheit der ausländischen Studenten ausmachen) soll sich das ändern. Bereits ab 2007 wollen die beiden Ministerien in Zusammenarbeit mit Unternehmen aus der Wirtschaft neue hochdotierte Stipendien ausloben.

Berichten zufolge sollen im Fiskaljahr 2004 insgesamt 30.000 Gaijin ihren Abschluß in Japan gemacht haben. Geblieben sind nur 5.700.


Neues Stipendium für asiatische Studenten
Die Anzahl der neuen Stipendien soll bei immerhin 2.000 liegen. Sie sollen mit 200.000 Yen (1.346 Euro/ 2130 Franken) bis 300.000 Yen (~2.018 Euro/~3.196 Franken) dotiert sein. Mein Stipendium vom Monbukagakushou übrigens: 172.000 Yen (~1157 Euro/~1.832 Franken).

Die mit den Stipendien einhergehenden Programme sollen 2 Jahre dauern.

Die Studenten sollen die japanische Sprache und Geschäftspraktiken erlernen und bei den involvierten Unternehmen auch Praktika ableisten. Dabei soll eine Konzentration auf den IT-Bereich, Umweltunternehmen und die Elektronikbranche gelegt werden.


Die beiden Ministerien wollen sich den Plan für das Fiskaljahr 2007 etwa 6 Mrd. Yen (~40,4 Mill Euro/~63,9 Mill. Franken) kosten lassen.


Zusatzinfo
Was viele Europäer gar nicht wissen:
Praktika in jeglicher Form (bezahlt/unbezahlt, langfristig/kurzfristig usw.) sind in Japan fast völlig unbekannt. Normalerweise treten junge Japaner erst nach dem Studium zum ersten Mal mit der Arbeitswelt in Berührung.


In den ersten 1-2 Jahren erfolgt dann eine ausführliche Einarbeitung in die verschiedensten Prozesse beim jeweiligen Arbeitgeber. Dabei spielt die im Rahmen des 4jährigen Bachelorstudiums (der am weitesten verbreitete Abschluß) erlernte Spezialisierung fast keine Rolle.


Sprich: Hatte man etwa japanische Geschichte als Hauptfach, kann man trotzdem bei Hitachi im Marketing in Tokyo anfangen und dann nach der Einarbeitung in Nagoya bei der Buchhaltung eingesetzt werden!


Ich kenne keinen Kommilitonen an der Keio University, der jemals ein Unternehmen von innen gesehen hätte.

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