Der neue Ministerpräsident Shinzo Abe hat es bereits vorgemacht: Seit einiger Zeit ist in Japan mit patriotischen Tönen im wahrsten Sinne des Wortes wieder ein Staat zu machen. Das berühmteste Schlagwort seiner Wahlkampagne aus dem letzten Jahr ist das Ziel des Utsukushii Nihon (美しい日本), des "schönen Japan". Da Abe nie genau erklärt hat, was er damit meint, kann man diesen Begriff wohl in die Phrasenkiste der Geschichte packen.
Keidanren schlägt patriotischen Kurs ein
Am 1.1. schlug der Nihon Keidanren (日本経団連), Japans mächtigste Industrielobby, rhetorisch in seinem vielbeachteten "Nihon Keidanren Report" rhetorisch in dieselbe Kerbe.
Die Organisation hat seit Mai 2006 einen neuen Chef: Fujio Mitarai, mittlerweile legendärer Vorsitzender von Canon. Mitarai verlangt die -oftmals als nationalistisch eingestuften- neuen Maßnahmen im japanischen Schulwesen zur Hebung des Patriotismus-Gefühls auch auf Privatfirmen zu übertragen.
Forderung nach täglicher Dosis Nationalgefühl
Man muß sich das mal in Deutschland vorstellen. Besonders in Bezug auf nichtstaatliche Wirtschaftsbetriebe verschließt sich zumindest mir der Nutzen eines solchen Vorgehens und erinnert mehr an kommunistische Zeiten.
Der Keidanren schlägt tatsächlich vor, daß japanische Firmen die Nationalflagge (日の丸:Hinomaru) hissen und daß die Mitarbeiter die Nationalhymne (君が代: Kimigayo) singen - und zwar täglich! Dieselbe Forderung wird bei der Gelegenheit auch für behördliche Gebäude, Sportereignisse und andere öffentliche Orte erhoben!
Weitergehende Forderungen
Damit soll aus Japan eine "Nation der Hoffnung" werden. Der Report (140 Seiten) beinhaltet weitere solcher salbungsvoller Phrasen. Die Erziehung der Bevölkerung soll dahin gehen, daß Japans Geschichte, Kultur und und Traditionen stärker betont werden sollen.
Daneben soll etwa Artikel 9 der japanischen Verfassung umgeschrieben werden: In diesem Teil ist Japan seit dem 2. Weltkrieg als pazifistischer Staat definiert! Was diese Forderung in einer Schrift einer Unternehmensvereinigung zu suchen hat, ist mir schleierhaft.
Mitarai war 23 Jahre in den USA für Canon America beschäftigt und soll japanischen Kommentatoren zufolge stark von Ronald Reagan und dessen "Strong America"-Politik beeinflußt worden sein. Das merkt man mMn auch...
Zusatzinfos
1)
Diese neue Ausrichtung des Keidanren kann auch etwas mit einer Kampagne zu tun haben, die die Lobby mittlerweile gegen westliche Firmen in Japan fährt. Mein Blog-Bericht dazu ist hier.
2)
Der Keidanren repräsentierte zur Jahresmitte 1.351 Einzelunternehmen, 130 Industrieverbände und 47 regional organisierte Wirtschaftsvereinigungen - also mehr oder weniger die gesamte japanische Wirtschaft!
1/05/2007
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen